Ein Baum, eine Mietwohnung, eine Spanienreise – aus welchen Zutaten besteht eine Kirchgemeinde?
Unter diesem Motto steht das diesjähriges Gemeindefest, an dem die Kirchgemeinde auch von (mir), Pfr. Arend Hoyer, Abschied nimmt.
Aber was feiern wir überhaupt? Nach reformatorischem Verständnis bildet sich eine Gemeinde um die Feier der Sakramente und um die Verkündigung des Evangeliums. Zusätzlich zu Taufe und Abendmahl würden wir heute Konfirmation, Trauungen und Abdankungen anfügen, die wichtige Etappen eines Menschenlebens begleiten. In der Gestalt von Diakonie und Seelsorge wird Verkündigung über Gottesdienste hinaus auch ganz individuell erfahrbar.
Im Wesentlichen aber sind es Begegnungen und ihre besonderen Umstände, die Gemeinschaft entstehen lassen. Hierfür steht das Stichwort Baum. Dann kann dafür auch der Wohnort eine Rolle spielen. Verkehrstechnisch günstig zwischen der Innerschweiz und Zürich gelegen ist Thalwil ein beliebter Zuzugsort. Hierfür steht das Stichwort Mietwohnung. Schliesslich weist das Stichwort Spanienreise auf unsere individuellen Ziele hin, die eine Begegnung überhaupt als wünschenswert erscheinen lassen.
So war es auch zu biblischen Zeiten: Zachäus war zu klein und musste auf einen Baum steigen, wollte er Jesus kennenlernen. Paulus wollte die römische Gemeinde als Stützpunkt für seine Weiterreise nach Spanien ausbauen und blieb schliesslich dort in einer Mietwohnung stecken. So sind auch unsere Gründe, mit einer Kirchgemeinde in Verbindung zu stehen, individuell, in Vielem zufällig, immer aber von Begegnungen abhängig. Die Feier einer Taufe, einer Hochzeit, einer Abdankung mag dafür Auslöser gewesen sein, die eine oder andere seelsorgliche oder diakonische Begegnung, der Unterricht der Kinder, eine erwachsenenbildnerische oder musikalische Veranstaltung, die Erfüllung einer freiwilligen oder ehrenamtlichen Aufgabe oder die Teilnahme am Sonn- und Feiertagsgottesdienst. Und dies alles will von Zeit zu Zeit gefeiert werden – bewusst. Denn Kirche ist nicht in erster Linie eine Ansammlung von Dienstleistungen, sondern die aus verschiedensten Menschen und Lebenssituationen zusammengewürfelte Gemeinde selbst.
Das diesjährige Gemeindefest wird in der Wahl der Texte und der Musik massgeblich davon geprägt sein, was zwischen Ihnen und mir über die Jahrzehnte entstanden ist. Im Kern steht die Gemeinde selbst und der Ruf eines Wanderpredigers vor zweitausend Jahren, auf keine weitere Macht zu setzen als auf die, an der er uns selber Anteil gegeben hat und noch heute gibt. Grund genug, wie Zachäus von seinem Baum zu steigen oder wie Paulus aus seiner Mietwohnung zu kommen, um uns in Jesu Namen als Gemeinde zu feiern. Pfr. Arend Hoyer