Petra Steiner

Was hat ein Mantel mit Hoffnung zu tun?

25-10_Leitartikel (Foto: zvg)

Im Monat September feierten wir einen Gottesdienst im Labyrinth und einen Erntedankgottesdienst, die Schöpfungszeit geht bis zum 4. Oktober.
Während einer Weiterbildung war ich letztes Jahr in England und möchte von einem Erlebnis berichten. In der Osterzeit war ich in einem Zentrum für Bildung und Theologie, dem Holy Rood House in Thirsk. «The Coat of Hopes» machte gerade Pause im Zentrum und am Samstag sollte er in einer Prozession auf den Dorfplatz hinausgetragen werden.

«The Coat of Hopes», der «Mantel der Hoffnungen», ist ein Pilgermantel. Er wurde von der Künstlerin Barbara Keal ursprünglich für den Weg von der Südküste Englands, vom Strand in Newhaven zur UN-Klimakonferenz in Glasgow im Herbst 2021 geschaffen. Unzählige Pilgerinnen und Pilger haben den Mantel auf den Etappen des Weges getragen. Es ist ein besonderer Mantel. Er besteht aus kleinen Stücken (patches) weicher Decke, die im ganzen Land gestaltet und zusammengenäht wurden.

Jedes Bild steht symbolisch für einen Wunsch für die Erde. Einzelne, aber auch Schulklassen, haben genäht, gestickt und gehäkelt – entstanden sind wunderbare Miniaturkunstwerke. Der Mantel vereint auf diese Weise die Hoffnungen und Wünsche vieler Menschen für die Zukunft – ihre Sehnsucht nach Frieden, Gerechtigkeit und Wohlergehen für Mensch und Tier. Der Mantel ist lang, seine Enden müssen wie ein Schweif getragen werden.

Die Pilgerreise geht immer weiter, weil diese Hoffnungen noch nicht erfüllt sind. Bei jedem grossen Halt dürfen alle den Mantel anziehen und für jede wird das eigens dafür geschriebene Lied gesungen: «Ask me where I’am going. Ask me what my name is, they call me the «Coat of Hopes» – Frag mich, wohin ich gehe, frag mich wer ich bin. Sie nennen mich den Mantel der Hoffnungen.»

Auf dem Dorfplatz herrschte an diesem Samstag buntes Treiben, es war Markt. Die Prozession blieb stehen, die Gruppe sang das Lied und alle, die wollten, durften in den Mantel schlüpfen. Ich zog ihn auch an – der Mantel fühlte sich schwer an, die Hoffnungen so vieler Menschen buchstäblich zu «tragen», war eine besondere Erfahrung. Einerseits spürte ich die Entschlossenheit dieser Pilgerreise, mit dem Pilgerstab in der Hand fühlte ich mich stark. Andererseits war ich innerlich bewegt, «Trägerin» der zarten Hoffnungen so vieler Menschen zu sein: Ich fühlte mich mit ihnen in der Sorge um die Welt, aber auch mit ihrer Zuversicht für die Zukunft verbunden, ein kostbarer Moment.

Mit unseren Feiern in der Schöpfungszeit verbinden wir uns mit den Hoffnungen anderer Menschen für das Wohl der Erde, für uns und für alle Geschöpfe. Die Segensworte nach Heidi Rosenstocke sollen uns begleiten: Gott stärke, was in dir wachsen will / Gott schütze, was dich lebendig macht. / Gott behüte, was du weiterträgst, und segne dich, wenn du aufbrichst!

Die Geschichte des «Mantels der Hoffnungen» ist im Detail zu finden auf www.coatofhopes.uk/story, auch mit einem Kurzfilm.
Pfrn. Galina Angelova
Bereitgestellt: 23.09.2025      
aktualisiert mit kirchenweb.ch
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